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Das Ende einer Ära – Nach der Gründung von SAP Fioneer werden die Karten in der Finanz-IT neu gemischt
Der deutsche Softwarekonzern SAP ist aus Unternehmen in aller Welt kaum mehr wegzudenken. Der Softwareriese entwickelt als größtes europäisches und drittgrößtes Softwareunternehmen weltweit Geschäftssoftware aller Art. Markenzeichen von SAP ist dabei, dass der Anbieter mit seinem breiten Portfolio fast alle Bereiche abdeckt. Er gilt daher als eine leistungsfähige All-in-One-Lösung. Das heißt, Nutzer und Nutzerinnen können alle Aufgaben von einer Nutzeroberfläche und in einem Programm erledigen. Dadurch sind sie produktiver und es passieren weniger Fehler.
SAP Fioneer löst SAP Banking-Lösungen ab
Etwa ab den frühen 2000er Jahren begann SAP verstärkt, nicht mehr nur klassische betriebswirtschaftliche Software zu entwickeln. Stattdessen verstärkte der Anbieter sein Portfolio um Anwendungen für den Finanzbereich – und das mit durchschlagendem Erfolg: Nach eigenen Angaben nutzten zuletzt 80 Prozent der weltweit führenden 1.000 Banken und Versicherungen mindestens ein SAP-Produkt. Das liegt auch daran, dass der große Softwarekonzern kleine Konkurrenten entweder aufkaufte oder deren Alleinstellungsmerkmale kopierte und in die eigene Software einfügte.
In den letzten Jahren gerieten traditionelle Banken und Finanzdienstleister durch die schwierige wirtschaftliche Lage, die niedrigen Zinsen und durch die zunehmende Dezentralisierung des Finanzmarkts durch Start-ups im Fintech-Bereich unter Druck – und mit ihnen auch SAP als traditionell ausgerichteter Softwareanbieter. 2019 verabschiedete sich die Hamburger Sparkasse von SAP Banking. Gleichzeitig verlor der Softwarekonzern auch die Postbank. Nach der Übernahme stellte zudem die Deutsche Bank deren IT-System auf die hauseigene Softwarelösung um.
Der Schock über den Verlust solch wichtiger Kunden regte die Verantwortlichen bei SAP zum Nachdenken an. Ihre Lösung: SAP Fioneer als Joint Venture mit dem Wissen und technischen Know-How der SAP- Spezialisten und zusätzlichem Kapital vom Investor Dediq. Durch die Ausgliederung soll die SAP-Lösung für die Finanzdienstleistungsbranche flexibler und agiler werden. Nicht mehr von der langwierigen und aufwendigen Bürokratie des Softwareriesen behindert, soll sich SAP Fioneer flexibel auf die sich schnell ändernden Anforderungen der Anbieter auf dem Finanzmarkt anpassen können.
Die Zukunft der Finanz-IT: Monopol oder reger Wettbewerb?
Gut ein Jahr nach der Auslagerung des Finanzsektors aus der SAP nach Fioneer wartet der Markt derzeit noch ab, wie sich das Joint Venture entwickelt. Damit ist auch eine Prognose für die Zukunft momentan schwierig. Die großen Hürden, die eine Umstellung der Bankensoftware für diese bedeutet, hält derzeit die meisten ehemaligen SAP-Banking-Kunden in einer beobachtenden Haltung. Sie wollen nun sehen, ob und wie SAP Fioneer und deren Lösungen performen. Je nachdem, wie es mit dem Joint Venture klappt – und was die Konkurrenz auf die Beine stellt – wird Fioneer das überwiegende Monopol von SAP bei der Finanz-Software halten können oder aufgeben müssen.
Best of Breed vs. Integrierte Suite in der Finanz-IT
Best of Breed (BoB) und integrierte Suite-Lösungen sind beide Ansätze für die Softwareauswahl und -implementierung in Unternehmen.
BoB-Lösungen sind spezialisierte Systeme, die für einen bestimmten Geschäftsprozess optimiert sind. Diese Lösungen bieten in der Regel eine hervorragende Funktionalität und Benutzerfreundlichkeit, sind jedoch möglicherweise nicht vollständig integriert und erfordern oft manuelle Übergänge zwischen Systemen.
Integrierte Suite-Lösungen bieten dagegen eine umfassende Abdeckung aller Geschäftsprozesse, indem sie mehrere Systeme in einer integrierten Umgebung bereitstellen. Dies kann eine bessere Datenintegrität und Prozessintegration bieten. Durch die hohe Komplexität entstehen aber häufig höhere Kosten für die Entwicklung und Implementierung. Auch die Wartung ist aufwendiger.
Lange Zeit galt SAP mit ihrer Software als Inbegriff für integrierte Suite-Lösungen, bei denen alle nötigen Anwendungen von einem Anbieter kamen – schließlich deckt der Softwarekonzern über 25 verschiedene Bereiche ab. Das machte ihn und sein ERP-System, dem Herz jeglicher Unternehmenssoftware, weltweit erfolgreich. Obwohl auch Fioneer nun auf die Kompatibilität mit der sonstigen SAP-Software als Verkaufsargument setzt, will das neue Joint Venture auch kleinere Finanz-Start-ups anwerben. Diese haben meist weder das Budget noch den Bedarf für große integrierte Allroundlösungen. Dafür konzentriert sich Fioneer mehr auf Speziallösungen, um in diesem Bereich mit den Mitbewerbern mithalten zu können.
Außerdem erfolgt derzeit auch in der SAP selbst eine Umstrukturierung: Der Konzern hat eingesehen, dass es heutzutage nicht mehr möglich ist, für jeden Spezialfall das beste Tool weltweit zu haben. Deswegen setzt das Unternehmen vermehrt auf Partnerschaften und Zusammenarbeit mit anderen Softwareentwicklern, um seinen Kunden möglichst gut aufeinander abgestimmte Best of Breed Lösungen anzubieten. Dieser Trend setzt sich auch bei Fioneer fort.
Integrierte Bankensoftware-Lösungen, bei denen ein Dienstleister alle benötigten Softwaretools abdeckt, gehören somit zunehmend der Vergangenheit an. Stattdessen wird sich Best of Breed durchsetzen, weil diese Strategie einerseits mehr Flexibilität erlaubt. Andererseits passt sie auch einfach besser zu den sich ständig ändernden Anforderungen der Finanzwelt. Dieser Umschwung befeuert den Markt und könnte dafür sorgen, dass die Zukunft der Finanz-IT wesentlich bunter und vielfältiger aussieht als ihre Vergangenheit.
Diese These vertreten auch unsere beiden Kollegen Tom und Dirk. In dem folgenden Video gehen sie genauer darauf ein, was die Ausgründung von SAP Fioneer für dessen Marktbegleiter bedeuten kann:
An dieser Stelle würden wir dir gerne ein Video unseres YouTube-Kanals zeigen.
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Fioneer sorgt für Unmut bei den Kunden
Auf den ersten Blick scheint Fioneer das zu halten, was es verspricht: schneller, agiler, innovativer zu sein. Auf den zweiten Blick sind allerdings zahlreiche Banken mit dem Vorgehen der SAP unzufrieden: Sie hinterfragen die Beteiligung eines Finanzinvestors kritisch. Viele befürchten, dass Fioneer langfristig entweder die Preise stark erhöhen oder die Investitionen in die Weiterentwicklung der Software vernachlässigen wird, um einen möglichst hohen Gewinn zu erwirtschaften. Auch was die strengen Anforderungen der Finanzaufsicht angeht, könnte Ärger auf Fioneer und seine Kunden zukommen.
Nach der Gründung und Auslagerung der Finanz-IT an Fioneer ist daher viel Unruhe in der Finanzwirtschaft entstanden. Einige große Banken haben laut Insidern direkt bei SAP vorgesprochen. Eine soll sogar darauf bestanden haben, offiziell nicht mit Fioneer, sondern der SAP selbst einen Vertrag über die Finanz-Software zu schließen. Schließlich ist in der Finanzbranche die Zusammenarbeit mit einem großen Partner mit langjähriger Erfahrung und guter Reputation besonders wichtig.
Über die Zufriedenheit der Fioneer-Kunden mit den neuen Angeboten und der Leistung der Finanz-Software ist wenig bekannt. Was die Kompatibilität mit der Cloud angeht, ein Punkt, der bei der SAP-Banking-Software häufig bemängelt wurde, hat das neue Unternehmen ordentlich nachgerüstet. Trotzdem ist es derzeit schwer zu sagen, welche Kunden zufrieden sind, wer die weitere Entwicklung abwarten will und wer sich schon aktiv nach einem neuen Partner in Sachen Finanz-IT umsieht. Die Konkurrenz weiß aber, dass jetzt die beste Gelegenheit ist, um langjährige SAP-Kunden abzuwerben und wird garantiert nicht untätig bleiben.
Fioneer-Konkurrenz auf Erfolgskurs
Dass die Nachfrage nach Alternativen zu Fioneer groß ist, beweist zum Beispiel der Erfolg des Berliner Start-ups Mambu. Das Berliner Fintech bietet in mehr als 50 Ländern Banking-Software Dienstleistungen für Banken und Fintechs an. Anfang 2022 stieg das Unternehmen zu einem sogenannten „Einhorn“ auf, wird also mit mehr als einer Milliarde Euro bewertet. Genau wie viele andere Fintech-Start-ups ist es mit seinen Software-as-a-Service Leistungen nicht nur für große Banken und Dienstleister, sondern auch für kleinere Kunden attraktiv – eine Zielgruppe, die SAP und Fioneer aufgrund der hohen Kosten für ihre Software so gut wie gar nicht erreichen.
Neben Start-ups wie Mambu sind es vor allem Anbieter klassischer Bankensoftware, die neben Finanztransaktionen auch Kundenmanagement und Bankkontenverwaltung umfasst, wie Oracle oder Temenos, mit denen sich SAP Fioneer den Markt teilen muss. Diese Unternehmen waren in den letzten Jahren deutlich agiler und innovationsfreudiger als der Fioneer-Vorgänger SAP-Banking und haben daher bereits einen guten Ruf für ihre Cloud-Lösungen für Bankensoftware etabliert. Im Bereich der Zukunftstechnologien dürfte Fioneer also durchaus Schwierigkeiten haben, die entstandenen Rückstände aufzuholen und sich auch künftig als die überlegene Wahl zu präsentieren – vor allem, wenn, wie befürchtet, die Preise in Zukunft angezogen werden, um die Gewinne zu steigern.
Fazit: SAP Fioneer befeuert den Wettbewerb in der Finanz-IT
Auch wenn das Ausgliedern und die Gründung von SAP Fioneer eine notwendige und logische Reaktion auf die sinkende Attraktivität und die Abkehr der Kunden von der SAP-Banking-Software waren, wird das Joint Venture die ehemalige Monopolstellung der SAP in Sachen Finanz-Software wahrscheinlich nicht retten können. Dafür hat der Konzern sich zu lange auf seiner Vormachtstellung ausgeruht und wichtige Entwicklungen, wie zum Beispiel die Verlagerung des Bankwesens in die Cloud, verschlafen.
Gleichzeitig hat die Auslagerung des Finanzgeschäfts an ein Joint Venture, das zum Großteil einem Finanzinvestor gehört, viele Bestandskunden verärgert. Die Unsicherheit über den zukünftigen Kurs und der allgemeine Trend zu Best of Breed Lösungen in der Finanzbranche dürften in den nächsten Jahren dafür sorgen, dass wieder ein breiterer Wettbewerb mit einer Vielzahl an verschiedenen Anbietern für Speziallösungen im Banken- und Versicherungsbereich entsteht. Davon profitieren vor allem kleinere Unternehmen, die zukünftig passgenaue Softwarelösungen zu niedrigeren Preisen erwerben können.
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