Haufe X360: Innergemeinschaftlicher Fernverkauf und entsprechende Anpassungen

Ab dem 1. Juli 2021 gelten neue Regelungen für innergemeinschaftliche Fernverkäufe an Privatkunden und Kleinunternehmen innerhalb der EU. Die bisher geltende Lieferschwellenregelung läuft zum 30.6.2021 aus. Künftig gilt eine EU-weite sog. Geringfügigkeitsgrenze von 10.000 EUR, d.h. es kommt nicht mehr darauf an, wieviel in ein einzelnes Land geliefert wird. Vielmehr ist nun die EU-weite Summe der Lieferungen an Privatpersonen und Kleinunternehmen entscheidend dafür, ob die Umsatzsteuer in Deutschland erklärt werden muss oder in dem jeweiligen Zielland nach den dort geltenden Steuersätzen. Weitere Informationen erhalten Sie in diesem Schreiben des Bundesfinanzministeriums.

Die nachfolgende Anleitung stellt dar, wie Sie Haufe X360 für innergemeinschaftliche Fernverkäufe konfigurieren können, welche Anpassungen bereits vorgenommen wurden und welche Anpassungen darüber hinaus geplant sind.

Einblick: Cloud-ERP Haufe X360

Konfiguration für die Umsatzsteuervoranmeldung (UStVA)

Innergemeinschaftliche Fernverkaufsumsätze müssen über Kennziffer 45 der Umsatzsteuervoranmeldung berichtet werden. Nachfolgende Schritte beschreiben, wie Sie die Umsatzsteuervoranmeldung in der Cloud-ERP von Haufe erweitern.

1.)         Beispiel

Wir verkaufen und liefern von unserem Firmensitz in Deutschland Ware an eine Privatperson in Italien. Die Ware hat in Deutschland, wie in Italien den vollen Umsatzsteuersatz.

2.)         Steuerkategorie

Es muss keine weitere Steuerkategorie angelegt werden. Die Steuerkategorie mit der ID UST19 steht für den vollen Steuersatz.

3.)        Steuerzone

Bislang war für EU-Versandhandelslieferungen die Steuerzone EUB2C für die Inlandsversteuerung vorgesehen. Für Umsätze oberhalb der Lieferschwelle war in Haufe X360 (ehemals lexbizz) für den Versandhandel bislang keine Steuerzone vorkonfiguriert. Aus diesem Grund empfiehlt es sich für Fernverkäufe nach Italien eine neue Steuerzone, z.B. ITB2C anzulegen.

Diese Steuerzone muss dann allen Privatpersonen und Kleinunternehmen in Italien zugewiesen werden.

4.)         Steuer

Damit nun der Umsatz des Fernverkaufs in der richtigen Kennziffer landet muss eine neue Steuer angelegt werden, z.B. ITFERN. In Italien beträgt der volle Mehrwertsteuersatz 22%. Nachfolgende Abbildung stellt musterhaft die Konfiguration der Steuer ITFERN dar:

Damit die Werte auch für die richtige Kennziffer bereitgestellt werden, ist es wesentlich auf der Karteikarte "Gültigkeit" die korrekte Berichtsgruppe der Umsatzsteuervoranmeldung anzugeben. In diesem Fall Gruppe 8 – „Übrige nicht steuerbare Umsätze“.

Wesentlich ist auch, dass nun auf der Karteikarte "Kategorien" die Steuerkategorie UST19 hinzugefügt wird und auf der Karteikarte "Zonen" die Steuerzone ITB2C.

1.)         EU-Mehrwertsteuersätze

Einen Überblick über die in der EU verwendeten Mehrwertsteuersätze können Sie über diesen Link abrufen.

2.)         Unterschiedliche Steuersätze

Die Konfiguration für den ermäßigten Steuersatz läuft analog. Darüber hinaus gibt es in einzelnen EU-Ländern auch noch weitere ermäßigte Steuersätze. Sofern für einen Artikel in unterschiedlichen EU-Ländern unterschiedliche Steuerarten in Frage kommen (Beispiel: Deutschland voller Satz, Frankreich ermäßigter Satz), muss dieser Artikel mehrfach angelegt werden. Eine länderbezogene Steuerkategorie wird von Haufe X360 derzeit nicht unterstützt.

Konfiguration der Kontenfindung

Im Cloud-ERP von Haufe ist im Bereich Steuern – Stammdaten eine Kontenfindungstabelle hinterlegt, die bei Anlage eines neuen Verkaufsauftrages im Bereich Verkauf – Kundenaufträge und auch im Bereich Debitoren – Rechnungen automatisch entsprechende Konten für die Verbuchung vorschlägt. Sofern ein Vorschlagskonto erwünscht ist, können hier zu einer Steuerkategorie-Steuerzone-Kombination Konten konfiguriert werden.

Haufe X360 - Kundenanpassungen vornehmen

Erweiterung der Spalten in der Kundenübersicht

Die Kundenübersicht AR3030PL kann so angepasst werden, dass weitere Spalten, wie z.B. Privatperson Ja/Nein, Steuerzone und das Feld USt-IdNr. angezeigt werden. Aus technischen Gründen ist hier leider keine Sammelzuordnung der Steuerzone möglich. Ein weiterer Screen, der diese Möglichkeit bietet, ist in Planung.

Öffnen Sie den Screen AR3030PL – Kunden und wählen Sie Anpassung – Allgemeine Abfrage bearbeiten:

  • Auf der Karteikarte „Results Grid“ aktivieren Sie die Schaltfläche „+“, um eine weitere Zeile hinzuzufügen.
  • Wählen Sie als Objekt „Kunde“ und das Datenfeld „isPrivatePerson“. Die Zeile muss ein Flag in der Spalte sichtbar haben.
  • Fügen Sie eine weitere Zeile mit dem Objekt „Kunde“ und dem Datenfeld „ptVATID“ hinzu.
  • Fügen Sie eine weitere Zeile mit dem Objekt „Kunde“ und dem Datenfeld „TaxZoneID“ hinzu.
  • Fügen Sie eine weitere Zeile mit dem Objekt „Kunde“ und dem Datenfeld „TaxZoneID_Description“ hinzu.
ELSTER-Formulare

Meldung der Umsätze und Steuererklärung

Für die Meldung der Umsätze und Steuern der Fernverkäufe gibt es zwei Möglichkeiten:

  • Registrierung einzeln pro EU-Land: In diesem Fall werden die Umsätze in jedem Land, in dem Umsätze getätigt werden, einzeln erklärt. Voraussetzung ist, dass Sie sich im EU-Ausland umsatzsteuerlich bei der dortigen Finanzbehörde registriert haben. In der Regel helfen hier die Auslandshandelskammern weiter, oder Sie nutzen einen Fiskalvertreter.
  • Nutzung des 'One-Stop-Shop': Das OSS-Verfahren ist ein besonderes Steuerverfahren für innergemeinschaftliche Fernverkäufe, welches die umsatzsteuerliche Registrierung mehreren EU-Ländern erspart, indem die Besteuerungsverpflichtungen aus Fernverkäufen über ein nationales elektronisches Portal abgewickelt werden. Anlaufstelle in Deutschland ist das Bundeszentralamt für Steuern BZSt. Es ersetzt und erweitert das seit 2015 bestehende MOSS-Verfahren

Die zweite Variante wird nachfolgend kurz beschrieben.

Unternehmer:innen können sich seit dem 1.4.2021 über das Online-Portal  des Bundeszentralamts für Steuern für die neue One-Stop-Shop-Regelung registrieren. Sofern Sie schon für das Vorgängerverfahren, die Mini-One-Stop-Shop-Regelung, registriert sind, benötigen Sie keine erneute Anmeldung, sondern nehmen automatisch am Verfahren teil. Die Anzeige muss vor Beginn des Besteuerungszeitraums erfolgen, ab dessen Beginn der Unternehmer:in teilnehmen möchte. Dies bedeutet, dass Sie sich für den Besteuerungszeitraum ab dem 01.07.2021 spätestens am 30.06.2021 registrieren müssen, um an der Sonderregelung teilzunehmen.  Die Teilnahme erfolgt auf elektronischem Weg, unter Angabe ihrer USt-IdNr. beim BZSt (Registrierung). Bei umsatzsteuerlichen Organschaften muss die  Teilnahme an der Sonderregelung durch den Organträger unter dessen USt-IdNr. beantragt werden.

Nehmen Sie am One-Stop-Shop nach §18j UstG teil, so gilt dies für alle Mitgliedsstaaten und alle unter diese Regelung fallenden Umsätze. Sie haben keine Wahlmöglichkeit, ob Sie einen Umsatz über eine Registrierung im EU-Ausland oder den OSS versteuern. Durch die niedrige Umsatzschwelle von 10.000 EUR ist eine Registrierung des OSS zukünftig ggf. bereits für kleinere Unternehmen relevant.

Nach Registrierung ist der Login beim Online-Portal des Bundeszentralamt für Steuern möglich. Dafür wird zusätzlich ein ELSTER-Zertifikat benötigt.

Stand heute ist lediglich die OSS-Registrierung möglich. Nach Aussage des BZSt. wird es eine Testversion der OSS-Erklärung geben. Diese soll dann ab dem 1.10.2021 für das vergangene Quartal Q3/2021 möglich sein.

  • Weiterführende Informationen des Bundeszentralamt für Steuern zur elektronischen Datenübermittlung finden Sie hier.
  • Weiterführende Informationen des Bundeszentralamt für Steuern zum OSS finden Sie hier.

Anpassungen an Haufe X360

Ende der Versandhandelsregelungen

Bereits mit dem Service Release Ende Juni (Version 7.008.0005.3) wurden die entsprechenden Einstellungen und Übersichten mit klarstellenden Hinweisen versehen, dass die Versandhandelsregelung zum 30.6.2021 endet.

Die Anpassungen im Detail:

  • Screen CS204000 – Länder/Bundesstaaten:
    • Das Feld "Lieferschwelle Versandhandel (bis 30.6.2021)
  • Screen SO301000 – Angebote/Kundenaufträge:
    • Das Feld „EU-Versandhandel“ wurde umbenannt in „EU Fernverkauf“ und ist weiterhin für Fernverkäufe an Privatpersonen und Kleinunternehmen zu verwenden.
    • Die Warnungen für das Erreichen der länderspezifischen Lieferschwellen erscheinen nur für Aufträge bis 30.6.2021
  • Screen SO302000 - Lieferungen:
    • Das Feld „EU-Versandhandel“ wurde umbenannt in „EU Fernverkauf“ und ist weiterhin für Fernverkäufe an Privatpersonen und Kleinunternehmen zu verwenden.
    • Die Warnungen für das Erreichen der länderspezifischen Lieferschwellen erscheinen nur für Aufträge bis 30.6.2021
  • Screen SO303000 – Rechnungen:
    • Die Warnungen für das Erreichen der länderspezifischen Lieferschwellen erscheinen nur für Aufträge bis 30.6.2021
  • Screen CS101500 - Firmen:
    • Die Karteikarte heißt nun “Übersicht EU-Versandhandel" bis 30.6.2021.
    • Die Spalte „Summe Versandhandelslieferungen“ berücksichtigt nur noch Werte bis 30.6.2021.
  • Screen TX3030PT – dieser heißt nun Übersicht Lieferschwellen bis 30.6.2021 und berücksichtigt ebenfalls nur die entsprechenden Werte
  • Gleiches gilt für Screen GI005002 – EU Versandhandel bis 30.6.2021

Weitere geplante Anpassungen

  • Eine Nachverfolgung der Umsätze mit Blick auf die EU-weite Geringfügigkeitsgrenze von 10.000 EUR findet nicht statt. Stand heute sind hier auch keine Anpassungen geplant.
  • Technisch könnte man ein Finanzamt im EU-Ausland auch als Steuerbehörde hinterlegen und für dieses Finanzamt auch Tax Reports nach dem Muster der UStVA erstellen. Jedoch müssen die innergemeinschaftlichen Fernverkäufe parallel in der deutschen UStVA gemeldet werden. Dies wird derzeit technisch nicht unterstützt.
  • Die IDs der Steuerkategorien werden mit einem kommenden Update umgestellt. Die konkreten Prozentzahlen werden aus den IDs und Beschriftungen entfernt werden. Hierdurch soll plausibler werden, dass es sich um den vollen bzw. ermäßigten Mehrwertsteuersatz handelt. Damit sind die Steuerkategorien ebenfalls plausibler mit anderen Steuerzonen verwendbar.
  • Analog zu den Versandhandelsübersichten wird es auch eine Übersicht zur Analyse der Fernverkäufe geben, die dann nach Excel exportiert werden kann. Diese ist dann hilfreich für eine Erklärung der Steuer im Ausland oder das weitere Berichtswesen beim Bundeszentralamt für Steuern. Der OSS wird eine Möglichkeit bieten die Umsätze im CSV-Format in eine Excel-Tabelle zu importieren. Eine direkte Schnittstelle ist seitens BZSt. nicht vorgesehen.

Stand 29.06.2021

 

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